Handbuch zur Overpass API

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Objekte Zählen
Daten Analysieren
Anhang

Suche per Area

Alle Daten in einem benannten Gebiet wie z.B. einer Stadt oder einem Bundesland.

Warnung zur Zukunft

Der Anspruch an die Inhalte dieses Handbuchs ist, dass sie auch in vielen Jahren noch zutreffen. Für das derzeitige Area-Konzept gilt dies nicht unbedingt: Der Datentyp ist entstanden, um kompatibel bleiben zu können, falls im OpenStreetMap-Datenmodell ein Datentyp für Flächen dazukommt. Mittlerweile bin ich sehr sicher, dass dies nicht mehr passieren wird.

Daher plane ich nun, Flächen direkt ab den etablierten Typen geschlossener Way und Relations anzubieten. Die konkrete Umsetzung wird sicherlich eher Jahre in Anspruch nehmen. Am Ende diese Prozesses werden aber einige der hier aufgeführten Syntax-Varianten wohl veraltet sein. Im Rahmen der Rückwärtskompatibilität werden möglichst wenige Abfragen für veraltet erklärt.

Seit Version 0.7.57 sind dabei Ways bereits umgestellt, Relations bleiben vorläufig beim generierten Datentypen.

Das Statement is_in und Abfragen mit Typ area liefern nun geschlossene Ways und aus Relations generierte Flächen. Umgekehrt wertet das Kriterium (area) sowohl geschlossene Ways als generierte Flächen aus. Das Kriterium (pivot) und das Statement map_to_area reichen geschlossene Ways unverändert durch und konvertieren nur zwischen den Relations und den aus ihnen generierten Flächen.

Einen konkreten Zeitplan für auch die Umstellung der Relations gibt es nicht. Es gibt andere Anliegen im Projekt mit größerem Leidensdruck.

Per Name oder per Tag

Der typische Einsatzfall für Flächen in der Overpass API ist, alle Objekte von einem Typ oder alle Objekte generell in einem Gebiet herunterzuladen. Wir fangen mit allen Objekten von einem mäßig häufigen Typ an; alle Objekte generell sind zu viele Daten, um mit kurzen Reaktionszeiten üben zu können. Wenn der Area-Mechanismus in diesem Abschnitt eingeführt ist, folgt der Download aller Objekte im folgenden Abschnitt.

Wir wollen zunächst alle Supermärkte in London anzeigen:

area[name="London"];
nwr[shop=supermarket](area);
out center;

Die eigentliche Arbeit wird in Zeile 2 geleistet: dort beschränkt der Filter (area) die zu selektierenden Objekte auf solche nur in den Flächen aus dem Set _; wir müssen also vorher die Area zu London geliefert haben.

Zeile 1 selektiert alle Objekte vom Typ Area, die ein Tag mit Key name und Wert London besitzen. Dieser Objekttyp wird unten erläutert. Es handelt sich im übrigen um ein spezielles Query-Statement.

Überraschenderweise verteilen sich die Fundstellen über den halben Planeten. Es gibt eben viele Flächen namens London; wir müssen ausdrücken, dass uns das große London in England interessiert. Uns stehen gleich fünf verschiedene Lösungswege zur Verfügung, unsere Anfrage zu präzisieren.

Wir können eine große Bounding-Box um die ungefähre Zielregion legen und nutzen:

area[name="London"];
nwr[shop=supermarket](area)(50.5,-1,52.5,1);
out center;

Für Ihre Bequemlichkeit sei darauf hingewiesen, dass dies auch mit dem Komfortfeature von Overpass Turbo geht:

area[name="London"];
nwr[shop=supermarket](area)({{bbox}});
out center;

In beiden Fällen ist die Bounding-Box ein Filter parallel zu (area). Für das Provisorium Area ist niemals eine Bounding-Box implementiert worden, auch deswegen, da es reicht, den Filter eine Anweisung später anzuwenden.

In ähnlicher Weise können wir auch ausnutzen, dass London in Großbritannien liegt. Ein späterer Abschnitt zeigt alle Möglichkeiten dazu auf.

Nicht zuletzt kann man auch weitere Tags zur Unterscheidung der Areas mit gleichem name-Tag heranziehen. Im Falle von London hilft das Tag zum Key wikipedia:

area[name="London"]["wikipedia"="en:London"];
nwr[shop=supermarket](area);
out center;

Wie bereits der erste Filter nach Tag [name="London"] wird auch der zweite Filter ["wikipedia"="en:London"] auf die Area-Query in Zeile 1 angewendet. Dadurch bleibt diesmal nur das eine Area-Objekt übrig, in dem wir tatsächlich suchen wollen.

Andere häufig nützliche Filter können admin_level mit oder ohne Wert oder type=boundary sein. Es hilft dazu, sich zunächst alle gefundenen Area-Objekte anzeigen zu lassen; bitte nach dem Ausführen per Daten oben rechts auf die Daten-Ansicht umschalten:

area[name="London"];
out;

Zeile 2 gibt aus, was Zeile 1 findet. Bitte sichten Sie die Funde danach, welche Tags die richtige Fläche selektieren. Mittels pivot-Filter in einem Query-Statement können Sie diese auch visualisieren:

area[name="London"];
nwr(pivot);
out geom;

In Zeile 2 steht dabei ein reguläres Query-Statement. Der Filter (pivot) darin lässt genau diejenigen Objekte zu, die die Erzeuger der in seiner Eingabe befindlichen Areas sind. Das ist das Set _; es ist in Zeile 1 befüllt worden.

Als fünfte Möglichkeit gibt es ein Komfort-Feature von Overpass Turbo, um Nominatim auswählen zu lassen:

{{geocodeArea:London}};
nwr[shop=supermarket](area);
out center;

Dabei löst der Ausdruck {{geocodeArea:London}} aus, dass Overpass Turbo bei Nominatim erfragt, was das plausibelste Objekt zu London ist. Mittels der von Nominatim zurückgelieferten Id ersetzt Overpass Turbo den Ausdruck durch eine Id-Query nach der zugehörigen Fläche, hier z.B. area(3600065606).

Wirklich Alles

Wir wollen nun wirklich alle Daten in einem Gebiet herunterladen. Das geht zwar mit fast der Abfrage, die wir zum Üben verwendet haben. Aber wir müssen das Werkzeug wechseln: für ein Gebiet von der Größe Londons kommen schnell 10 Mio. Objekte oder mehr zusammen, während Overpass Turbo bereits ab etwa 2000 Objekten den Browser bis zur Unbrauchbarkeit verlangsamt.

Zudem sind Sie bei fast allen Gebieten in offiziellen Grenzen von Staaten bis Städten besser bedient mit regionalen Extrakten. Details dazu im dazugehörigen Abschnitt.

Sie können die Rohdaten zur Weiterverarbeitung direkt auf ihren lokalen Rechner herunterladen: Dazu dient in Overpass Turbo unter Export oben links der Link Rohdaten direkt von der Overpass API. Es ist normal, dass nach de Klick erst einmal nichts passiert. London herunterzuladen kann mehrere Minuten dauern.

Alternativ sei auf Download-Werkzeuge wie Wget oder Curl verwiesen. Um das zu üben, speichern Sie bitte eine der Abfragen von oben in eine lokale Datei, z.B. london.ql.

Sie können dann Abfragen ab der Kommandozeile stellen mit

wget -O london.osm.gz --header='Accept-Encoding: gzip, deflate' \
    --post-file=london.ql 'https://overpass-api.de/api/interpreter'

bzw.

curl -H'Accept-Encoding: gzip, deflate' -d@- \
    'https://overpass-api.de/api/interpreter' \
    <london.ql >london.osm.gz

Beide Anweisungen können natürlich ohne den Rückstrich auch in je einer Zeile geschrieben werden. In beiden Fällen tuen Sie mir, sich und allen übrigen Benutzern einen großen Gefallen, wenn Sie den zusätzlichen Header Accept-Encoding: gzip, deflate setzen. Dies gestattet dem Server, die Daten zu komprimieren, was die Datenmengen um ca. den Faktor 7 verkleinert und beide Enden der Verbindung entlastet.

Nun kommen wir zu der eigentlichen Abfrage. Da eine Quelle großer Datenmengen bei vollen Daten räumliche ausgedehnte Relationen sind, gibt es an den endgültigen Anwendungszweck angepasste Varianten. Wir beschränken uns hier zunächst auf eine häufig passende Variante:

area[name="London"]["wikipedia"="en:London"];
(
  nwr(area);
  node(w);
);
out;

Alternativ sei noch eine Variante mit mehrfacher Nutzung des Area-Filters genannt. Dann sollten die als Eingabe selektierten Areas in einer benannten Set-Variable zwischengespeichert werden:

area[name="London"]["wikipedia"="en:London"]->.suchgebiet;
(
  node(area.suchgebiet);
  way(area.suchgebiet);
  node(w);
);
out;

Hier schreibt in Zeile 3 das Query-Statement in die Standard-Auswahl. Da die Area-Auswahl in Zeile 4 aber noch als Eingabe benötigt wird, muss sie an einem anderen Ort als der Standard-Auswahl liegen.

Fläche-in-Fläche

Wir kommen zurück zu dem Problem, London als Fläche in Großbritannien auszuwählen. Das ist nicht implementiert, aber es gibt auch hier wieder zwei andere Möglichkeiten.

Man kann Objekte suchen, die in der Schnittmenge zweier Flächen liegen:

area[name="London"]->.klein;
area[name="England"]->.grosz;
nwr[shop=supermarket](area.klein)(area.grosz);
out center;

Das eigentliche Filtern findet im Query-Statement in Zeile 3 statt; dort werden nur Objekte zugelassen, die alle drei Filter erfüllen: Der Filter [shop=supermarket] lässt nur Objekte mit dem entsprechenden Tag zu. Der Filter (area.klein) beschränkt dies auf Objekte, die innerhalb einer der in klein befindlichen Flächen liegen. Der Filter (area.grosz) reduziert dies weiter auf Objekte, die innerhalb einer der in grosz befindlichen Flächen liegen.

Nun müssen wir nur noch sicherstellen, dass in klein bzw. grosz die gewollten Flächen drinstehen. Die erledigen jeweils Query-Statements nach Areas in den Zeilen 1 und 2, die ihr Ergebnis in eine benannte Variable speichern.

Das andere Vorgehen verwendet den Zusammenhang zwischen Area und dem erzeugenden Objekt, allerdings diesmal in die dem Filter pivot entgegengesetzte Richtung. Wir selektieren das erzeugte Objekt der kleinen Fläche:

area[name="England"];
rel[name="London"](area);
map_to_area;
nwr[shop=supermarket](area);
out center;

In Zeile 4 wollen wir für den Filter (area) exakt die Area zu London als Eingabe haben. Dazu selektieren wir in Zeile 2 alle Relations, die den Namen London haben und innerhalb einer der Flächen liegen, die (area) in der EIngabe im Default-Set _ vorfindet. Für diese hatten wir in Zeile 1 alle Flächen mit Name England ausgewählt.

Nun brauchen wir aber in Zeile 4 ja Flächen, während der Filter (area) keine Flächen filtern kann und wir daher Relations selektiert haben. Dies erledigt map_to_area: es ordnet den Objekten aus seiner Eingabe die von den Objekten erzeugten Flächen zu.

Technischer Hintergrund

Bereits am Anfang des Overpass-Projekts im Jahr 2009 sollte es die Möglichkeit geben, ein geometrisches A-liegt-in-B nutzen zu können. Das hat sich nur denkbar schlecht mit der Anforderung vertragen, OpenStreetMap-Daten treu abzubilden: Flächen sind in OpenStreetMap ein gemischtes Konzept aus Geometrie und Tags, es gab glaubwürdige Bestrebungen, einen eigenen Datentyp Area zu entwickeln, und die Regeln dafür, wann genau ein OpenStreetMap-Objekt eine Fläche ist, sind damals noch im Fluss gewesen. Zuletzt gab es den Eindruck, dass Flächen leicht beschädigt werden könnten und dies häufiger zu erwarten ist.

Daher sind Areas in Overpass API ein eigener Datentyp. Der Server erzeugt diese in einem zyklischen Hintergrundprozess nach einem vom Code getrennten Regelsatz. Damit haben es potentielle Betreiber eigener Instanzen einfacher, selbst zu entscheiden, welche Flächen sie erzeugen wollen. Jede Area übernimmt dabei bei ihrer Erzeugung die Tags des Objektes, aus dem sie erzeugt worden ist.

Dies zieht Folgen nach sich:

Der große Vorteil ist aber, dass die Suche Punkt-in-Fläche effizient und zuverlässig funktioniert.

Als Nachteil hat sich herausgestellt, dass nicht alle nachgefragten Area-Objekte existieren: mittlerweile wird fast jedes Objekt in OpenStreetMap, das von seiner Geometrie her eine Fläche ergibt, auch als Fläche genutzt. Wenn aber gemäß den Tagging-Regeln der Hintergrundprozess das Objekt nicht für eine Fläche hält, gibt es kein korrespondierendes Area-Objekt.

Umgekehrt ist mir in den letzten 10 Jahren keine Instanz begegnet, die ihre Flächen-Regelwerk an ihre speziellen Bedürfnisse angepasst hat. Es gab wohl eher einen Tradeoff, weniger Flächen zu akzeptieren, um Rechenzeit beim Hintergrundprozess zu sparen. Damit ist der Regelsatz doch de facto zentral festgelegt, und dies beraubt ihn der meisten seiner Vorteile.

Daher beabsichtige ich mittlerweile, auch die Flächenoperationen direkt auf den OpenStreetMap-Objekten auszuführen. Für Ways ist das mit Version 0.7.57 umgesetzt.


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